In den letzten Jahren wurde das Thema Lauftechnik in den verschiedensten Medien immer wieder unter der Überschrift „natürliches Laufen“ auf unterschiedliche Art diskutiert und aufbereitet. Der Trend ging und geht in jedem Fall weg von dem bis dato immer propagierten Abrollen über die Ferse also ökonomische Lauftechnik für den Langstreckenbereich und Gesundheitssport.
Der Weg zurück zum „natürlichen Laufen“ spiegelt sich auch in der Laufschuhentwicklung. Zunehmend kommen flacherer Laufschuhe auf den Markt und jeder große Hersteller hat auch ein Modell im Angebot, dass das Barfußlaufen simulieren soll. Die Firmen werben nicht mehr mit einem besonderen Dämpfungssystem („Air“, „Gel“ etc.), was beim Laufen über die Ferse von großer Bedeutung ist, sondern z.B. mit dem natürlichen Laufgefühl („Saucony Natural Motion“, „Nike Free“, „Adipure“, etc.). Man ist sich in den letzten Jahren der natürlichen Anatomie des Menschen und den daraus folgenden Konsequenzen für eine physiologische und gesunde Lauftechnik wieder bewusst geworden. Im folgenden Artikel will ich versuchen, die Hintergründe verständlich zu erläutern und daraus Empfehlungen für ein physiologisch natürliches und damit auch gesundes Laufen abzuleiten.
Schaut man sich die Anatomie des Fußes an, dann fällt auf, dass der Fuß sehr komplex aus 28 einzelnen Knochen aufgebaut ist, die durch viele Muskeln sowie 107 verschiedene Sehnen und Bänder stabilisiert werden. Die Komplexität des Aufbaus hat natürlich ihren Sinn. Sie verleiht dem Fuß große Flexibilität bei hoher Stabilität – vorausgesetzt alles funktioniert so, wie es soll. Auffallend sind das von der Ferse zum Ballenbereich verlaufende Längsgewölbe und das Quergewölbe im vorderen Ballen Bereich (s. Abb. 1). Sie ergeben sich durch die Anordnung der Fußknochen und werden durch die Muskeln, Sehnen und Bänder gehalten. Werden diese zu schwach, knicken die Gewölbe ein und es entsteht z.B. ein Plattfuß (Längsgewölbe ist nicht mehr vorhanden) oder ein Spreizfuß (Quergewölbe ist eingebrochen). Die Gewölbe des Fußes stellen ein natürliches Dämpfungssystem dar. Wenn wir laufen, wird der Fuß beim Aufsatz leicht nach unten-innen durchgedrückt, wodurch der Stoß abgefedert wird. Zusätzlich wird so mechanische Energie gespeichert, die beim folgen Abdruck bis zu 17 % der Abstoßenergie ausmachen kann. Der optimale Fußaufsatz beim Laufen erfolgt also auf der Außenkannte im Mittelfußbereich, von wo aus nach und nach der gesamte Fuß belastet wird (vergleiche Laufstudie in Videos). Unseres natürlichen Dämpfungssystemes berauben wir uns hingegen, wenn wir beim Laufen zuerst mit der Ferse aufsetzen. In diesem Fall verläuft eine Art Schockwelle direkt von der Ferse über die Gelenke bis in den Kopf. Um dadurch vorprogrammierte Schmerzen und Schäden zu vermeiden, targen wir Schuhe mit starker Polsterung im Fersenbereich. Dieser Bereich ist zudem gegenüber dem vorderen Ballenbereich erhöht (z.T. 12mm), die sogenannte Sprengung. Mit solchen Schuhen ist natürliches Laufen praktisch nicht mehr möglich. Ein einfache Versuche machen deutlich, wie unphysiologisch das Laufen auf der Ferse ist und wie viel weicher man auf dem Mittel- oder Vorderfuß aufsetzt: Rückwärtslaufen und auf der Stelle Hüpfen.
Zusätzlich zu Dämpfungssystemen und Fersenerhöhung sind in vielen Lauf- und Freizeitschuhen Orthesen eingearbeitet, die das Fußbett stützen und das natürliche Pronieren (leichtes nach innen Knicken des Fußes) verhindern. Der Fuß braucht so nur noch wenig zu arbeiten, verliert seine Flexibilität und die Muskeln atrophieren. Viele Menschen tragen ihr Leben lang Schuhe, häufig schon bevor sie überhaupt laufen können. So können sich die angelegten Potentiale nicht entwickeln und die Folgen sind Fehlstellungen im Fuß, die sich häufig auf den ganzen Körper auswirken und z.B. zu Rückenbeschwerden, Kopfschmerzen und vielen anderen Problemen führen. Diesem Trend gilt es also entgegen zu wirken.