Ironman WM Hawaii – Road to Kona

Leif im Ziel Ironman Hawaii Im Ziel des legendären Ironman auf Hawaii.

Die Tage nach dem Ironman in der Schweiz habe ich meinen Körper ganz neu kennengelernt...d.h. rückwärts die Treppen runter, gehen nur gestützt und das Bedürfnis nach ganz viel Schlaf! So sehr habe ich meinen Körper noch nie leergesaugt und mit diesem Muskelkater versucht der Körper meinem Hirn zu signalisieren das bitte nie wieder zu tun. Aber der sture Kopf hat sich bekanntlich durchgesetzt und das Hawaii Ticket ist gebucht.

Neben dem Startplatz mussten dann natürlich noch Flüge und die Unterkunft fix gemacht werden, was finanziell genau so geschmerzt hat wie meine Oberschenkel nach dem ersten Ironman. Durch den coronabedingten Ausfall der Ironman WM auf Hawaii im letzten Jahr gab es nahezu doppelt so viele Starter, was entsprechende Auswirkungen auf die  Kapazitätsauslastung der Unterkünfte hatte. Finanziell wurde ich dadurch so ans Limit gebracht, dass die Reise kurzzeitig auf der Kippe stand. Zum Glück habe ich einige Supporter die mich dabei unterstützt haben meinen Traum wahr werden zu lassen!

Am 8. Oktober geht es nun erneut auf die Langdistanz und das Ganze dann bei klimatisch sehr herausfordernden Bedingungen. Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und wechselnde Winde sind nur einige der großen Herausforderungen die mich dann auf "Big Island" erwarten werden. Um mich möglichst optimal auf dieses Highlight vorzubereiten, ging es Ende August bereits wieder ins Trainingslager nach Girona (Spanien). Für die Simulation der Hitze ein sehr guter Ort, da dort täglich 35-40 Grad herrschten. Die Luftfeuchtigkeit lässt sich in europäischen Gefilden leider kaum simulieren, sodass man hierbei auf die Tage vor dem Rennen auf Hawaii bauen muss.

Im letzten Trainingsblock von Mitte August bis Ende September habe ich den Fokus also voll auf hohe Umfänge gelegt und dabei immer folgende Grunddevise verfolgt: Schwitzen, Schwitzen, Schwitzen. Das impliziert warme Kleidung auch bei sommerlichen Temparaturen oder Indoor Rolle fahren und dabei im Zimmer eine Luftfeuchtigkeit von 80-90% zu realisieren. Verletzungsfrei und vor allem Gesund konnte ich alle geplanten Einheiten voll durchziehen und war voller Vorfreude nun endich meine Tasche (n) zu packen!

tasche packen für Hawaii

 

Auf geht das Abenteuer! Kona calling!

Nach einer ca. 30 stündigen Reise sind Vatti, Freundin, Gepäck und Fahrrad sicher auf Big Island angekommen. Am ersten morgen bin ich sofort in den Pazifik gesprungen und kann nur sagen: Es ist wirklich das Paradies! Nun hatte ich noch 6 Tage bis zum Rennen – d.h. auch nur 6 Tage um mich an diese unfassbare Feuchtigkeit und Hitze zu gewöhnen.

Die ersten lockeren Trainingseinheiten waren gefühlt eine absolute Katastrophe und ich konnte mir bei bestem Willen nicht vorstellen hier in ein paar Tagen einen Ironman zu machen! Es wurde aber mit jedem Tag ein bisschen besser und ich war optimistisch meine sehr gute Trainingsform hier auf´s Parkett bzw. die Lavawüste zu zaubern!

Test Schwimmstrecke Ironman Hawaii

 

8. Oktober 2022 – Race Day!

Der Wecker klingelte um 03:30 Uhr und ich hatte erstaunlich gut geschlafen. Der Wetterbericht sagte wenig Wind und viel Hitze – das ist gut für die Radstrecke aber herausfordernd für den Laufpart. Für mich als Läufer, der vermeintlich gut mit Hitze umgehen kann, also eine sehr gute Ausgangslage. Somit war meine Motivation gefühlt bei 110%. 😊

Die Stimmung war unfassbar. All das was ich die ganzen Jahre zuvor bis zu 10 Stunden im Fernsehen verfolgt hatte durfte ich nun selber erfahren…und live ist es sogar noch beeindruckender! Der Mythos lebt! Gänsehaut pur!

 

Der Schwimmstart war sehr ruppig und es gab eine Menge Athleten auf meinem Leistungsniveau – oder anders gesagt: Wir schwammen in einem riesen 400 Athleten starken Pulk und es herrschte viel Chaos! Das Leistungsniveau bei einer WM wie dieser ist doch nochmal etwas anderes und ich konnte mich im vorderen Drittel einordnen. Ich war zufrieden mit diesem Part, hatte aber auch keine Sternstunde. Die Ausgangslage bzw. die Abstände zur Spitze waren aber noch moderat!

 

Radstrecke Ironman Hawaii

 

Auf dem Rad ging es von der „Herdenbildung“ da weiter, wo es im Wasser aufgehört hat. Das Regelwerk sieht dabei aber gewisse Mindestabstände (Windschattenverbot) vor, sodass hier höchste Aufmerksam von Nöten war um keine Zeitstrafe zu bekommen. Viele Athleten nutzten leider diesen nicht ganz fairen Vorteil, wobei nicht alle entsprechend sanktioniert wurden. Wie schon in der Schweiz war meine Strategie auf den 180km durch die Lavafelder nicht zu viel Zeit zur Konkurrenz nach vorne zu verlieren um mit möglichst „lockeren“ Beinen auf die Laufstrecke zu gehen.

Die Hitze wurde mit jeder Rennstunde unangenehmer und das Kühlen und Verpflegen an den "Aidstations" war extrem wichtig. Bis auf einen kleinen energetischen Hänger bei Km 130 ging es mir auf dem Rad eigentlich ganz gut, bei Betrachtung meiner Wattwerte bin ich im Nachhinein betrachtet aber etwas zu konservativ gefahren. Aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer 😉

 

Laufstrecke Ironman Hawaii

 

Den Mythos besiegt

Nach knapp 5 Stunden in den Lavafeldern und dem am Ende doch recht monotonen Queen K´Highway war es überwältigend, die Menschenmassen in Kona zu sehen. Da schoss das Adrenalin direkt in die Muskeln und ich war richtig heiß auf meiner Paradedisziplin nun die Aufholjagd zu beginnen. Ich lag aktuell irgendwo bei Platz 40 rum, wobei mich zu Beginn des Marathons eher die zeitlichen Abstände interessierten. Ca. 12 Min zu den Top 10 – das könnte bei einer Performance wie in der Schweiz machbar sein!

Die Beine fühlten sich trotz der Hitze und der 6 Stunden „Vorbelastung“ gut an und bei Kilometer 10 waren es nur noch 7 Minuten! Entsprechend aggressiv und mutig bin ich diese Pace bis ca. Kilometer 30 weitergelaufen und hatte zwischenzeitlich lediglich ca. 2 Min bis zu den besten 10 der Welt.

Doch dann hat mich der Mythos des Ironman Hawaii geholt. Die Hitze, die Feuchtigkeit, das wellige Profil und die Einöde dieser Lavawüste…ich bin völlig zusammengebrochen. Völlig überhitzt konnte ich dann auch keine Nahrung mehr in mir halten, sodass ich vermehrt sogar Gehen musste. Die ersten Athleten passierten mich und ich wusste, dass ich von da an quasi rückwärts laufe. Selbst bei Km 41, also einen Kilometer vor dem Ziel war ich mir nicht sicher, ob ich es ins Ziel schaffe. Ich habe wirklich noch niemals so eine körperliche wie mentale Leere verspürt. Es hat mich total gebrochen, aber der Mythos hat zum Glück nicht gesiegt. 😊 Ich habe zwar einiges an Zeit liegengelassen, aber es dennoch ins Ziel geschafft!

Mit einer Endzeit von knapp unter 9 Stunden war das sogar noch eine richtig gute Leistung! In den letzten Jahren wäre diese Zeit immer mit einer TOP10 Platzierung belohnt worden, aber leider nicht in diesem Jahr. Das Leistungsniveau in der Weltspitze der Amateure ist stark gestiegen und ich habe somit „nur“ den 19. Platz in der meiner Altersklasse belegt. Damit bin ich zwar immerhin 6 bester deutscher aller Amateure, aber für mich persönlich hat dieser Erfolg doch einen kleinen bitteren Beigeschmack, da ich nicht 100% zeigen konnte was ich wirklich kann! Aber wer weiß, vielleicht ergibt sich in der Zukunft noch einmal die Möglichkeit auch auf Hawaii ein für mich „perfektes“ Rennen hinzulegen! Vielleicht muss ich auch einfach mal lernen zufrieden zu sein mit dem, was man erreicht hat und sollte nicht immer nach dem Optimum zu streben… vielleicht ist es aber auch genau das, was einen Athleten ausmacht?!

Besonders gefreut hat mich, dass diese Leistung auch vom NDR und Landessportverband gewertschätzt wurde und ich zum Sportler des Jahres 2022 in Schleswig-Holstein nominiert wurde!

Nach einer so erfolgreichen Saison wie dieser brenne ich noch mehr für diesen Sport als je zuvor und freue mich auf die Herausforderungen in der nächsten Saison 2023!

#vomNordennachOben

 

>>> Hier könnt ihr für Leif als Sportler des Jahres abstimmen: https://www.ndr.de/sport/mehr_sport/sportlerwahl/voting1410.html

 

Leif im Ziel Ironman Hawaii

 

 

 

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