Leif beim Ironman Thun erfolgreich

Das Training ist absolviert und das längste Rennen meines Lebens rückt so nah, dass ich nun die Tage bis zum Tag mit meinen Fingern abzählen kann. Mit jedem Tag geht der Ruhepuls gefühlt 10 Schläge höher und es fiel mir schwer konzentriert die Sachen für diese Reise zu packen.

Zunächst also noch einmal das Material auf Renntauglichkeit prüfen…ist der Neoprenanzug noch heil, passt der neue Einteiler, sind die Reifen noch in gutem Zustand, habe ich genug Gels... so oft habe ich glaube ich noch nie meine Tasche überprüft! Entsprechend froh war ich, als ich den den Motor vom Bulli gestartet habe und die Reise endlich losgeht – und es kein zurück mehr gibt. 😊

Radstrecke Ironman Thun

Das Ziel war der Ort Thun am gleichnamigen Thunersee. Dort sollte eine Woche später der Ironman Switzerland stattfinden. Ich hatte also eine Woche Zeit mich als norddeutscher Flachlandexperte an die alpine Radstrecke mit ca. 2000 Höhenmetern zu gewöhnen. Um mich optimal vorbereiten zu können bzw. meine größte Angst (die bergige Radstrecke) zu minimieren, habe ich mir den Streckenverlauf der Radstrecke genau angeschaut. Auf der Radstrecke gab es 2 steile Berge mit kurviger Abfahrt und wie der Zufall es wollte, gab es genau dort einen Campingplatz. Perfekt! Nur 400m von der Radstrecke habe ich somit mein Domizil gefunden und konnte mich optimal an die Streckenverhältnisse gewöhnen. In traumhafter Kulisse wurden die Abfahrten immer und immer wieder trainiert, sodass ich guter Dinge war auf diesem Kurs auch technisch einigermaßen mithalten zu können! Der Ort Thun war von hier ca. 15km entfernt, sodass ich nur zum Bike-Check-In, also der Abgabe des Fahrrads vor dem Wettkampf, dort war. Dies war auch gut, da mein Puls direkt spürbar wurde, als ich das ganze Wettkampfareal gesehen habe! Zudem habe ich noch einmal im Thunersee angebadet, der doch kälter war als erwartet und beim Start am nächsten Tag um 07:00 Uhr sicher schnell die Müdigkeit verfliegen lässt.

Der letzte Abend stand ganz im Kontext des „Carbo-Loadings“ – das heißt nochmal ordentlich Kohlenhydrate auf den Teller und ganz früh ins Bett, denn der Wecker sollte um 3:00 Uhr klingeln...und endlich klingelte er. Kaum geschlafen und mit großer Anspannung wollte ich jetzt einfach nur noch loslegen! Das Wetter sollte hervorragend werden: Sonne, kaum Wind und ziemlich warm! Genau mein Ding! Die TOP5 in meiner Altersklasse waren das Ziel – denn das hieße, ich hätte das Hawaii Ticket in der Tasche. Zudem träumte ich von einem SUB9 Finish, also einer Zielzeit von unter 9 Stunden. Zugegeben optimistisch bei 2000 Höhenmetern, aber rechnerisch im besten Fall möglich!

Kurz vor dem Sprung ins kalte Nass hatte ich bei der Kulisse und dieser Stimmung bereits Gänsehaut – Wahnsinn! Ich war bereit für den Ironman!

 

Schwimmen Thuner See

 

Startschuss – 3,8 Km Schwimmen

Der Start verlief überraschend ruhig und geordnet. Das kannte ich aus meinen Mitteldistanzrennen anders…aber heute war die Renndauer auch eher 9 Stunden als 4 Stunden lang. Schnell hatte ich ein paar gute Füße in einer Gruppe gefunden, an denen ich im Wasserschatten komfortabel mitschwimmen konnte. Vor lauter Adrenalin habe ich die Kälte auch nicht mehr gespürt und ein Blick über die Wasseroberfläche nach vorn suggerierte mir, dass ich ziemlich weit vorne im Starterfeld war.

Dazu noch die aufgehende Sonne, die sich über die Berggipfel kämpfte…da hätte ich auch noch weiterschwimmen können 😉 Aus dem Wasser kommend wurde mir von meiner Supportcrew zugerufen, dass ich bereits auf Platz 5 in meiner Altersklasse war und der Rückstand nach vorne nicht groß war. Insgesamt lag ich irgendwo in den TOP20. Zudem konnte ich auf einer Uhr eine Zeit von deutlich unter einer Stunde ablesen, was für ein Finish für unter 9 Stunden notwendig wäre. Das Schwimmen lief also voll nach Plan!

 

180Km Rad – 2000 Höhenmeter

Nun kam der längste Part des Tages. Die Vorgabe von meinem Coach Nils Goerke war hier niemals mehr als die abgesprochenen Wattwerte zu treten und exakt auf Flüssigkeitszufuhr sowie Ernährung zu achten. Das heißt brav alle 20 Min ein Gel zu essen oder ein spezielles Kohlehydratgetränk zu trinken. Der Blick war dabei besonders am Berg immer auf dem Tacho, damit ich nicht zu intensiv pedaliere. Tritt man nämlich auch nur für kurze Zeit zu intensiv, muss der Körper Energiereserven anzapfen, die man sich lieber sparen sollte. 😉

Die zu absolvierende Strecke war auf 2 Runden aufgeteilt, wobei es in Thun ein Wendepunkt gab. Das heisst logischer Weise, dass man nach 90Km sehen kann, auf welchem Platz man aktuell liegt. Auch wenn ich sehr fokussiert war, war ich mir sicher, dass ich mehr Athleten überholt habe als überholt worden zu sein! Es war also sehr spannend abzuzählen, auf welchem Rang ich lag. 1 Athlet, 2,3,4…dann kam schon die Wende. Platz 5?! Von allen Athleten?! Und meine vermeintiche Paradedisziplin sollte ja noch kommen! Das gab einen riesigen Motivationsschub! Jetzt nur nicht überpacen und locker durchfahren!

Gesagt, getan! Auf den zweiten 90Km hat mich keiner mehr überholt und ich ging auf Platz 5 von allen Athleten auf die Laufstrecke!

 

Radstrecke Ironman Switzerland

 

Marathon – 42,195 Km

Der abschließende Marathon verlief flach auf 3 Runden aufgeteilt am Ufer des Thunersees und durch Stadt Thun, wo die Menschenmengen eine riesen Stimmung machten! Auf Platz 5 insgesamt liegend wusste ich, dass sogar die Altersklasse egal ist, da ich diesen Rang theoretisch einfach nur halten müsste. Auch in der dritten Diszipliniert hielt ich mich an die Vorgaben...zumindest fast: „Laufe nicht unter 4:00 Minuten/Km an“ war die Vorgabe. Die ersten Kilometer waren alle unter 4 Minuten und mir wurde zugerufen, dass die 4 Athleten vor mir alle deutlich langsamer waren.

Ich sammelte Stück für Stück einige Athleten ein und fühlte mich von der Euphorie getragen mit jedem Kilometer besser (subjektiv). Ich war wie im Tunnel und habe es einfach genossen! Bei Kilometer 35 kam ein Wettkampfrichter auf dem Fahrrad zu mir und sagte, dass ich gleich die Führung des gesamten Feldes übernehmen würde. Kurz darauf begleitete mich das Führungsfahrzeug. Sowas kannte ich bisher nur aus dem Fernsehen. Was passiert hier?! Wahnsinn! Die letzten Meter habe ich einfach nur noch genossen und die Euphorie aufgesogen!

 

Laufstrecke Thuner See

 

Leif siegt beim Ironman Switzerland

 

Was ein Zieleinlauf! Was für Emotionen! Man munkelt sogar ich hätte eine Träne im Gesicht gehabt. 😊 Danke Schweiz! Danke!! Fast schon nebensächlich wurde dabei meine Zielzeit: 8:43 Stunden! Das war ein Marathon in 2:47 Stunden…ich hätte wirklich nie gedacht, dass mein Körper zu einer solchen Leistung im Stande ist! Gänsehautmomente für die ich einfach nur dankbar bin!

 

Von diesen ganzen Eindrücken völlig überfordert habe ich auch diese Nacht fast nicht geschlafen..und das nächste kleine Highlight stand ja noch bevor: Die Siegerehrung und die Slotvergabe für den Ironman Hawaii! Ja, ich habe es tatsächlich geschafft! Ich habe mich für den Ironman Hawaii qualifiziert!

Aber jetzt geht´s erst einmal ein paar Tage „sportfrei“ in den Urlaub bevor ich dann voller Vorfreude die Vorbereitungen für den Mythos Hawaii in Angriff nehme!

Bis dahin heißt es also jetzt:

#Vom Norden nach Kona!