Laufschule – das ABC des Laufens

Beobachtet man Leichtathleten beim Training oder vor Wettkämpfen, so stellt sich sicher Mancher die Fragen was, die da so machen und wozu das gut sein soll und ob man solche Übungen vielleicht auch in sein eigenes Training einbauen sollte. Berechtigte Fragen, die ich im folgenden Artikel zu beantworten versuchen werde.

Der Name Laufschule  oder Lauf-ABC verrät schon, dass es sich um Übungsprogramme zur Verbesserung der Lauftechnik handelt. Dabei werden einzelne Funktionsphasen der Laufbewegung gezielt und intensiv trainiert, wodurch neben der sowohl technische Fertigkeiten als auch koordinative und konditionelle Fähigkeiten entwickelt werden. So wird zum einen natürlich die Lauftechnik insgesamt, aber auch einzelne Phasen verbessert und zum anderen die Kraft der an der Laufbewegung beteiligten Muskulatur gezielt entwickelt. Zudem ist das Lauf-ABC als eine Art Beweglichkeitstraining zu sehen, da der Bewegungsumfang deutlich über dem beim normalen Dauerlauf liegt. In seiner Komplexität kann das Lauf-ABC auch als Möglichkeit gesehen werden, muskulären Dysbalancen und somit auch Verletzungen vorzubeugen.

Bevor ich nun einzelne Übungen aus dem Lauf-ABC vorstelle und Hinweise zur Durchführung des Trainings gebe, möchte ich kurz auf die Laufbewegung an sich eingehen, da sich das Lauf-ABC schließlich aus ihr ableitet. Ganz einfach erklärt lässt sich der Lauf in allen Geschwindigkeitsbereichen in folgende Funktionsphasen unterteilen, die je nach Lauftempo mehr oder minder stark ausgeprägt sind: (Die folgenden Beschreibungen beziehen sich auf das linke Bein.)

Vordere Schwungphase (1-4): Der Oberschenkel schwingt vor zum Kniehub und wird anschließend gesenkt, während der Unterschenkel autonom nach vorne Pendelt. Durch das Anfersen kommt es zu einer Pendelverkürzung.

Vordere Stützphase (5): Das Körpergewicht wird bei elastischem Fußaufsatz auf dem Außenrist abgefangen. Im Vertikalmoment hat der ganze Fuß Bodenkontakt (im Langstreckenlauf). Der Fußaufsatz erfolgt möglichst senkrecht unter dem Körperschwerpunkt.

Hintere Stützphase (6): Hier erfolgt durch optimale Streckung des Beines in Hüfte-, Knie- und Fußgelenk die Entwicklung der Abdruck für den Vortrieb. Der Oberkörper ist aufrecht und die Arme werden parallel zum Körper und entgegen der Beinbewegung locker mitgeführt.

Hintere Schwungphase: Der Fuß löst sich vom Boden und der Unterschenkel pendelt nach hinten oben (Pendelverkürzung für den Vorschwung). Im niedrigen Geschwindigkeitsbereich bis kaum bis über die Waagerechte.

Was für Übungen gibt es?

Es gibt sehr viele Übungen und Übungsvarianten, die dem Lauf-ABC zugerechnet werden. Ich beschränke mich hier auf die wichtigsten Übungen, die jeder sinnvoll in sein Training einbauen kann. Bei den Übungsbeschreibungen werde ich kurz auf entscheidende Ausführungspunkte eingehen und auf häufige auftretende Fehler hinweisen. Am besten, ihr schaut euch parallel zu den Beschreibungen immer das entsprechende Video an.

Für alle Übungen gilt, dass auf eine aufrechte Körperhaltung geachtet wird und die Hüfte maximal gestreckt ist. Die Arme werden immer gegengleich zur Armbewegung mitgenommen. Alle Übungen können in einem kurzen Sprint oder druckvollen Lauf (6-10 Schritte) aufgelöst werden.

  • Fußgelenkarbeit
  • Skippings
  • Kniehebelauf
  • Anfersen
  • Kreuzschrittlauf
  • Kniehub einseitig (1 x rechts, 1 x links)
  • Anfersen einseitig (1 x rechts, 1 x links)
  • Kniehub einseitig (2 x rechts, 2 x links)
  • Anfersen einseitig (2 x rechts, 2 x links)
  • Sprunglauf / Explosive Streckung des Absprungbeines in Hüfte, Knie und Fuß
  • Wechselsprünge / Explosive Sprünge aus dem Fußgelenk
  • Spreizschrittlauf
  • Koordinationsläufe / Druckvolle Läufe mit guter Technik über 100-200m

Wann und wie sollte man das Lauf-ABC durchführen?

Je nach Trainingsziel kann man es vorbereitend, nachbereitend oder als eigenständige Einheit durchgeführt werden. Eine typische Trainingseinheit könnte wie folgt aussehen:

  • 10‘ Einlaufen
  • 6 Übungen jeweils 3 mal über eine Strecke von ca. 30m durchführen; die Pausen werden aktiv gestaltet, d.h. lockeres Traben oder lockerer Hopserlauf zurück; es ist sinnvoll die einzelnen Übungen in einem kurzen druckvollen Antritt aufzulösen (ca. 7 Schritte)
  • 3-5 Steigerungsläufe über ca. 70m
  • 10‘ Auslaufen

Das Programm kann man auf der Straße, auf der Bahn oder im Wald durchführen. Zur Erhöhung der Kraftkomponente ist eine Durchführung auf einer leichten Steigung oder sogar auf einer Treppe möglich.

Wenn man ein Tempolaufprogramm im Anschluss durchführen möchte oder sich für einen Wettkampf aufwärmt, dann sollte man den Umfang des Programms etwas reduzieren, d.h., die Wiederholungszahl und Streckenlänge kürzen.

Sehr sinnvoll im Trainingsalltag ist das Durchführen von Lauf-ABC-Übungen nach einem lockeren Dauerlauf. Man sollte ein Programm von 4-6 Übungen + 2-3 Steigerungsläufe mind. Zwei Mal pro Woche durchführen. War der Dauerlauf zu intensiv, sollte das Lauf-ABC nur noch relativ locker durchgeführt werden.

Am Anfang werden euch bestimmte Übungen sicherlich etwas schwierig erscheinen, aber mit ein bisschen Übung läuft es in der Regel nach einigen Einheiten schon ganz gut. Achtet also zu Beginn vor allem auf eine gute und rhythmische Bewegungsausführung. Das Bewegungstempo spiel zunächst keine Rolle.

Wie immer würde ich mich über weitergehendes Interesse und daraus entstehende Fragen freuen. Schreibt mir einfach eine Mail. Bis dahin übt und trainiert fleißig!

Euer Oleg
 

07.08.11 Ostseeman
26.06.11 Glücksburger Fördelauf

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